Vom Reformator zum TerroristenEos Schopohl inszenierte das Strindberg-Projekt "GlaubensStürme" im EinsteinRadikale Forderungen nach geistiger Freiheit und sozialer Gerechtigkeit stellte der 23-jährige August Strindberg 1872 in seinem ersten Drama "Magister Olof" über den schwedischen Reformator Olof Pedersen. Aufgeführt wurde es erst 1881 nach mehreren Überarbeitungen. Die Regisseurin Eos Schopohl hat das selten gespielte Jugendwerk bearbeitet und mit ihrer freien Gruppe Theater Fisch & Plastik unter dem Titel "GlaubensStürme" inszeniert. Premiere ist heute um 19.30 Uhr im Kulturzentrum Einstein (Karten-Telefon: 24 29 46 91, Vorstellungen bis 4. April). |
TZ 20./21. März 2004 In Gottes NamenMit heiligem Zorn greift Magister Olof zur Waffe, um seinen Versucher abzuwehren: Die Waffe ist ein Kreuz. Da verteidigt Olof noch die katholische Kirche. Später, als sich der "schwedische Luther" zum Protestanten entwickelt hat, als heftige Kämpfe zwischen Kirche und König entbrannt sind, wird er gefesselt und gefoltert: am selben Kreuz. Starke Bilder sind das, die unter die Haut gehen - die aktuelle Weltpolitik von Afghanistan bis Irak spielt im Subtext mit; immer wieder werden auch heute noch Auseinandersetzungen im Namen des Glaubens ausgetragen. |
Abendzeitung 20./21. März 2004 Hier steht er und kann nicht andersDas Theater Fisch & Plastik spielt "GlaubensStürme"Bedrückt stehen gläubige Katholiken vor verschlossener Kirchentür: Weil die Stadt keine Kirchensteuer bezahlen konnte, hat der Bischof zur Strafe den Laden dichtgemacht. Zeit für Veränderungen: Der für Luthers Reformideen entbrannte Priester Olof Pedersen läutet eigenmächtig die Glocke und predigt auf Schwedisch statt auf Latein. Das macht ihn fast wider Willen zum Führer der Religionsrebellen - und zum Sekretär des Königs Gustav Wasa, der seine Chance wittert, die Macht des Papsttums im Staat zu beschränken. Geistesfreiheit und Sozialgerechtigkeit forderte der 23-jährige August Strindberg in seinem Erstlingsdrama "Magister Olof" über den schwedischen Reformator Olaus Petri. Eos Schopohl, die das sperrige Jugendwerk mit dem Theater Fisch & Plastik in den Gewölben des mittlerweile fast leerstehenden Ex-Kulturzentrums Einstein inszenierte, zeigt, wie aus Oberzeugung Fanatismus, aus Idealismus Terrorismus wird. "GlaubensStürme", der Titel ihrer Bearbeitung, meint sowohl den religionspolitischen Umsturz-Versuch wie die inneren Kämpfe des "schwedischen Luther". Als Olof (Rainer Haustein) begreift, dass er dem jovialen König (Wolfram Kunkel) nur als Werkzeug gedient hat, beteiligt er sich an einem Bombenattentat auf den Monarchen. Von Halle zu Halle wandert das Publikum drei Stunden mit durch die düstere Entwicklung. Umgeworfene Stühle (Bühnenbild: Lucia Nußbächer) symbolisieren den Bildersturm in den Kirchen. Auf dem Zweisitzer-Sofa gerät eine Liebesehe ins Wanken: Olof liest hehre Philosophie, seine junge Frau Kristina (Tamara Hoerschelmann) will sich verzweifelt emanzipieren gegen sein Verdikt: "Das verstehst du nicht!" Privat scheitert der verbissene Aufrührer auch an seiner herrischen Mutter (Monika Manz), die ihren Sohn noch im Tod als Ketzer verflucht. Und angesichts der Hinrichtung zeigt der wendige Agitator und Bombenbastler Gert (Robert Spitz) konsequentere Haltung als Olof. Da hat sich ein Mensch zwischen Diplomaten (Hubert Bail), Kirchenfürsten (Joachim Bauer) und Einflüsterern (Arthur Galiandin als Lars) verloren. Er konnte nicht anders. |