Disputation
von Hyam Maccoby

 
"Juden fühlen sich zunehmend bedroht" - unter solchen Schlagzeilen werden Berichte veröffentlicht, wonach Juden in Deutschland wieder um ihr Leben fürchten. Ausländerfeindlichkeit mischt sich mit Ausschreitungen gegen jüdische Gedenkstätten, aber auch gegen jüdische Bürger.
Immer wieder fließen in die Debatten um den Konflikt zwischen Israel und Palästina antisemitische Untertöne ein. 
 
Der britische Dramatiker Hyam Maccoby thematisiert in seinem Ende der 90er Jahre entstandenen Stück "Disputation" den christlichen Antijudaismus, der Katholiken und Prostestanten über Jahrhunderte prägte und dem rassistischen Antisemitismus der Nazis den Boden bereitete. Der bis heute unterschwellig vorhandene Groll gegen das "Anderssein" der Juden, ihre "Sonderrolle" bildete sich unter religiösen Vorzeichen heran. Der Vorwurf , dass die Juden, deren Vorfahren Gottes Sohn gekreuzigt hätten, sich hartnäckig der Erlösung durch Jesus Christus verweigerten und unbelehrbar an ihrem eigenen Glauben festhielten, zieht sich als roter Faden durch die Geschichte des Christentums. 
 
"Disputation" spielt im spanischen Aragon des 13. Jahrhunderts. Die Mauren werden aus Spanien zurückgedrängt. Der Papst fordert den König auf, die "Judenfrage" zu klären. Die Juden sollen vor die Wahl gestellt werden, zum Christentum zu konvertieren oder das Land zu verlassen. England und Frankreich haben die Juden bereits ausgewiesen. Der König von Aragon jedoch möchte seine jüdischen Ratgeber und Ärzte nicht verlieren. Die Kirche übt Druck aus und erzwingt eine "Disputation", ein religiöses "Streitgespräch": Der angesehene Rabbi Nachmanides soll durch den konvertierten Juden Pablo Christiani dazu gebracht werden, seinen Glauben aufzugeben und zum Christentum überzutreten. Der jüdische Konvertit, die unversöhnlich antisemitische Königin, der ehrgeizige Dominikanerpater, der jüdische Höfling, der um seine Existenz fürchtet, sie alle versuchen, Nachmanides zur Unterwerfung oder zumindest zu diplomatischer Mäßigung zu bewegen. Doch der Rabbi will seinen Glauben nicht verleugnen. 
Für die beiden Kontrahenten, den Rabbi und Christiani, wird die sich ständig steigernde Auseinandersetzung zu einer existenziellen Erfahrung, die tragischerweise in dem Paradox endet, dass sich der konvertierte Jude Christiani mit dem Martyrium Christi identifiziert und ausgerechnet darin einen Trost findet für das Leid, das die Christen seiner Familie zugefügt hatten. 
 
"Disputation" wurde sehr erfolgreich in Los Angeles, Miami und London aufgeführt. Spielort der deutschen Erstaufführung ist die Lukaskirche am Mariannenplatz in München.

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